Hier noch eine ältere Vorschrift zur Darstellung von Iodwasserstoff aus Iod, rotem Phosphor und Wasser. Sie beruht ursprünglich auf einem Paper von 1887 und 1894 (Ber. 20 (1887) 8881; s. a. M. Bodenstein, Z. physic. Chem. 13 (1894) 59.) – demnach ist die Vorschrift mit Vorsicht zu geniesen.
Jodwasserstoff, HJ.
Mol.-Gew. 128.
Jodwagserstoffsäure, Acidom hydrojodicum.
I. Gasförmiger Jodwasserstoff.
...
2. Aus Jod, Phosphor und Wasser.
Nach Lothar Meyer*) ist es zweckmässiger, einen Ueberschuss von Jod mit Phosphor und Wasser zusammenzubringen, als, wie die anderen Vorschriften verlangen, Jod und Wasser auf überschüssigen Phosphor wirken zu lassen, da im letzteren Falle die sehr lästige Bildung von Phosphorwasserstoff resp. PhosphoniumJodid nicht zu vermeilen ist. Man Wendet deshalb die der Gleichung
P + 5 J + 4 H2O = H3PO4 + 5 HJ
entsprechenden Mengen, etwa 100 g Jod. 5 g Phosphor und nur etwas mehr Wasser (20 g statt 12 g) an. Das Jod wird in eine aufwärts gerichtete tubulierte Retorte gebracht und mit etwa 10 g Wasser befeuchtet. Mit der anderen Hälfte des Wassers wird der rote Phosphor zu einem dünnen Brei angerührt, der in einen Tropftrichter eingefüllt wird, welcher statt durch einen Hahn mit einem langen, in sein unteres Ende eingeschliffenen, nicht zu dicken Glasstabe verschlossen ist. Man lässt nun durch vorsichtiges Emporziehen des Glasstabes einen Tropfen des Phosphor enthaltenden Wassers auf das Jod fallen, wartet die eintretende Reaktion ab und fügt dann allmählich und in kleinen Portionen weiter Phosphor hinzu. Auf diese Weise geht die Gasentwicklung ruhig von statten, während bei anfänglich zu schnellem Eintragen der Phosphormischung eine Explosion erfolgen kann.
Das vom Jodwasserstoff mitgerissene Jod setzt sich fast vollständig im Halse der Retorte ab. Um es möglichst vollständig zurückzuhalten, ist es zweckmässig, die Retorte mit der Vorlage durch eine schräg aufwärts gerichtete, lange, gerade, nicht zu enge Glasröhre zu verbinden und das Gas schliesslich noch durch wenig, in einer U-förmigen Röhre befindliches Wasser zu waschen. Erst wenn die Entwicklung nachlässt, wird gelinde erwärmt, wodurch auch etwas Wasser verflüchtigt wird, das an den Wänden haftendes Jod wieder herabführt. Sollte auch nach längerem Erwärmen die Jodfarbe nicht verschwinden, so setzt man noch etwas, aber nur wenig Phosphor hinzu. Entwickelt sich kein Gas mehr, so destilliert man die wässerige Säure ab. Aus den oben angegebenen Mengen erhält man 74,4 g gasförmige Säure und 23,7 g durch Destillation; bei Anwendung von 35 g Wasser 47,5 g gasförmige Säure und 57,3 g durch Destillation.
Quelle: Ludwig Vanino, Handbuch der präparativen Chemie Teil 1 (anorganischer Teil), 3. Auflage 1925, S. 63, Ferdinand Enke Verlag Stuttgart