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Autor Thema: Gummidruck bzw. Gum bichromate (tricolor):  (Gelesen 6347 mal)

bombjack

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Gummidruck bzw. Gum bichromate (tricolor):
« am: 20. November 2015, 09:32:22 »
Hier mal die ersten Bilder die nach dem Tricolor Gum bichromate Verfahren hergestellt wurden.

 Links auf Deutsch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Dreifarben-Gummidruck
https://de.wikipedia.org/wiki/Gummidruck

 Auf Englisch:
https://en.wikipedia.org/wiki/Gum_bichromate



 Es wurde mit Gummi arabicum Lösung (30%), Kaliumdichromat (13-14%) Verhältnis 1:1 und je 1 g Wasserfarbe von Lukas (Gelb (1021), Magenta (1051), Cyan (1118)) auf 6 ml der Gummi arabicum Lösung gearbeitet. Papier war Accademia Disegno von Fabriano 200g pro Quadratmeter, was geschrumpft und mit Gelatine (28%) imprägniert war und mit 1% Formaldehydlösung gehärtet wurde.
 Bei den beiden Bildern wurde das digitale Farbbild mit dem Befehl "Decompose" vgl. http://docs.gimp.org/en/plug-in-decompose-registered.html in die einzelnen Kanäle CMY zerlegt und dazu das jeweilige Schwarzweißbild auf Folie ausgedruckt. Nach dem Trocknen der ersten Beschichtung (Y) wurde 12 min mit UV 365 nm durch die Folie und eine Quarzglasplatte belichtet und das Papier min. 40 min mit der Bildseite nach unten gewässert, wobei sich die unbelichtete Beschichtung ablöste u.U. wurde mit einem weichen Pinsel nachgeholfen. Nach dem Trockenen wurde die nächste Farbe (M) aufgebracht und wieder wie bei Y beschrieben weiterverarbeitet, wobei sich nach der letzten Schicht (C) die nachfolgenden Bilder ergaben:

 a) Hier wurden Blätter gesammelt und diese auf einem Scanner mit einem weißen Blatt Papier als Hintergrund gelegt:

* Gummi1.jpg (165.64 KB . 450x600 - angeschaut 635 Mal)

b) Bild aus dem Internet ca. 17 MB Größe; die beiden Löcher dienten dazu die Folien exakt auf dem Papier jeweils auszurichten. Allerdings waren die Abstände zu klein, so dass es unten bei den Füßen zu einer Verschiebung kam. Problem dabei ist, dass die jeweils neue Schicht das unter entwickelte Bild ziemlich komplett verdeckt so dass eine Ausrichtung an den Bildkonturen nicht so einfach funktioniert:

* Gummi2.jpg (204.8 KB . 450x600 - angeschaut 713 Mal)

Zusammenfassend: Sehr interessantes Verfahren mit Suchtpotential und vielen Möglichkeiten.....wobei sich das Ergebnis erst nach der letzten Schicht zeigt....bei b) dachte ich dass nach Y und M der Druck nicht funktioniert hat (z.B. wegen der Belichtungszeit) und die C-Mischung ist ein schönes Grün (wegen der Eigenfärbung des Dichromats) anstatt Blau. Wurde aber nach dem Waschen eines Besseren belehrt......Das einzige was mich stört an dem Verfahren ist die Anwendung bzw. Umgang mit der Dichromatlösung....d.h. möchte man es intensiver machen ist ein extra Raum angeraten.....

bombjack

Mephisto

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Re: Gummidruck bzw. Gum bichromate (tricolor):
« Antwort #1 am: 16. Dezember 2015, 11:26:55 »
Wow, ein richtig exotisches Verfahren. Ich musste mir ehrlich gesagt erst die Wiki-Artikel durchlesen, bevor ich verstanden habe, was Du gemacht hast. Sehr interessant und schade, dass es hier etwas unterging. Karma +1.
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bombjack

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Re: Gummidruck bzw. Gum bichromate (tricolor):
« Antwort #2 am: 06. April 2016, 08:10:52 »
Kleines wenn auch älteres Update:

Nach vielen Testen und die Ausrüstung verbessern wurde dieser Druck im DIN A3 Format fertig gestellt:

* Hard-Lesson.jpg (209.65 KB . 450x600 - angeschaut 717 Mal)


Hier zum Vergleich das Originalgemälde:
William-Adolphe Bouguereau - The hard lesson (1884)
http://www.wikiart.org/en/william-adolphe-bouguereau/the-hard-lesson-1884

Das Bild würde mit Adobe Photoshop in die CMY-Kanäle aufgespalten, anschließend mittels einem Epson SureColor P600 auf Pictorico PRO OHP Transparency Film (TPU100) Format A3+ gedruckt und anschließend drei mal beschichtet und belichtet, wobei die Reihenfolge der Farben C, Y, M war, was die Registrierung der Negative auf dem Lichttisch erleichterte, da man sich an den blauen Umrissen ausrichten kann.
Die Farben waren:
a) 484 Phthalo Blue Schmincke Watercolour
b) 208 Aureolin Modern Schmincke Watercolour
c) 351 Ruby Red Schmincke Watercolours

Es wurde mehrere Stunden gewaschen und mit einem Pinsel die Farbschicht jeweils nachbearbeitet, um sie zu entfernen.

Belichtet wurde jeweils 8 min und dazu ein Vakuumbelichter verwendet.

Ferner habe ich mich um das Abfallproblem gekümmert:

"Die Dichromat-Vernichtung":

Beim Gummidruck fällt zwangsweise Waschwasser mit gelöstem Kaliumdichromat an, was aus Umweltschutzgründen und wegen den CMR-Eigenschaften dieses Stoffes ein Problem darstellt.

Eine Möglichkeit die Gefährlichkeit dieses Stoffes merklich zu reduzieren ist die Überführung der Chrom(VI)-Verbindung in die Chrom(III)-Verbindung mittels Reduktion im wässrigen Medium. Da nun Chrom(VI)-haltige Abfälle zu den Problemstoffen im Labor gehören und dort z.B. wegen der Analytik auch in kleinen Mengen anfallen gibt es im Netz eine Menge Vorschriften wie man diese Verbindung reduzieren kann.
Mögliche Reduktionsmittel sind u.a.
- Natriumsulfit http://www.wrc.org.za/Knowledge%20Hub%20Documents/Water%20SA%20Journals/Manuscripts/1999/03/WaterSA_1999_03_jul99_p363.pdf
- Natriumthiosulfat http://infohouse.p2ric.org/ref/19/18012.pdf
- Eisenspäne http://www.must.edu.ph/mjst/wp-content/uploads/2014/02/1.-Hazardous-Waste-Chemicals-from-Dichromate-Chemical.pdf
- Zucker http://inpressco.com/wp-content/uploads/2013/03/Paper524-27.pdf

Nachteilig ist dabei sehr oft, dass diese Mittel sehr pH-Wert abhängig sind und zudem der pH-Wert sehr im sauren Bereich liegen muss. Zudem setzt das erste Reduktionsmittel bei der Verarbeitung Schwefeldioxid frei und Natriumthiosulfat hat als Chemikalie auch seinen Preis.

Nach etwas suchen bin ich auf folgendes Paper gestoßen, was viele der obigen Probleme löst:
Reduction of hexavalent chromium by ascorbic acid in aqueous solutions
https://www.researchgate.net/profile/Ji-Dong_Gu/publication/8227753_Reduction_of_hexavalent_chromium_by_ascorbic_acid_in_aqueous_solution_Chemosphere_57609/links/548da68b0cf225bf66a5f470.pdf?inViewer=0&pdfJsDownload=0&origin=publication_detail

Der Vorteil dieser Methode ist, dass sie auch bei einem leicht alkalischen pH-Wert funktioniert d.h. es reicht die Abfallflüssigkeit durch einen Überschuss Ascorbinsäure anzusäuern und vor allem dass Vitamin C als Nahrungsergänzungsmittel auch in großen Mengen sehr billig zugänglich ist. Zudem wird bei der Anwendung kein Gas freigesetzt und der Farbumschlag ist recht deutlich. Ferner dürfte sich Vitamin C-Lösung auch als Dekontaminationsmittel eignen.

Laut dem Paper werden für 100 µmol Dichromat mindestens 300 µmol Ascorbinsäure benötigt, was umgerechnet 29.42 mg zu 52.84 mg entspricht. Um wirklich sicher zu gehen das ein genügender Überschuss Ascorbinsäure vorhanden ist, habe ich die Ascorbinsäuremenge verdoppelt, so dass 30 mg Dichromat mit 100 mg Ascorbinsäure umgesetzt werden.

Meine bei Zimmertemperatur (25°C) gesättigte Lösung von Kaliumdichromat enthält nach http://www.seilnacht.com/Chemie/ch_kdicr.htm ca. 0.151 g pro ml (Dichte der Lösung nicht berücksichtigt) d.h. 4 ml enthalten 0.6 g. Für diese Menge werden 2 g Ascorbinsäure benötigt (mit dem Überschuss gerechnet).

Hier nun die Chemikalien:

* 1.jpg (198.32 KB . 800x600 - angeschaut 697 Mal)

Nach der Zugabe der 2 g Ascorbinsäure, setzte eine deutliche Erwärmung ein und die Lösung wechselte schlagartig die Farbe zu einer bläulich-grünlichen Aussehen:

* 2.jpg (174.19 KB . 800x600 - angeschaut 697 Mal)

* 3.jpg (190.55 KB . 800x600 - angeschaut 689 Mal)

Diese wässrige Lösung kann durch verdunsten reduziert und bei der Sondermüllabgabe entsorgt werden (meine Meinung), da sie vermutlich komplett eintrocknen dürfte und wegen des Überschusses der Ascrobinsäure nur leicht sauer ist. Ein Versuch der Neutralisation und Ausfällung des Chrom(III)hydroxids mittel Natriumcarbonat oder Ammoniak-Lösung scheiterte, weil zu viel eingesetzt wurde und sich das Chrom(III)hydroxid wieder löste bzw. es u.U. durch die Ascorbinsäure komplexiert wird.

Ergänzung: Es funktioniert anscheinend auch in sehr verdünnten Konzentrationen, die gelbliche Färbung einer geringen Menge von Dichromat in Wasser verschwindet nach sehr kurzer Zeit, wenn einige Gramm Ascorbinsäure zugesetzt werden d.h. damit ist eine Möglichkeit der Dekontamination vorhanden und es können auch Spuren von Chrom(VI) in Behältnissen, Flüssigkeiten und Co. beseitigt werden.

Meiner Meinung nach wird im Fall des Gummidrucks damit auch einer SVHC-Substanz vgl. ab "The second issue..." auf http://www.alternativephotography.com/wp/processes/gum-bichromates/new-eu-regulations-that-may-restrict-gum-printing eine handhabbare Substanz und die Methode zu einer umwelt- und sicherheitsverträglichen.

bombjack
« Letzte Änderung: 06. April 2016, 08:17:59 von bombjack »

bombjack

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