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Autor Thema: Aufkonzentrieren von Salpetersäure  (Gelesen 12031 mal)

Heuteufel

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Aufkonzentrieren von Salpetersäure
« am: 27. August 2012, 15:26:17 »
Das Thema ist eigentlich trivial, aber weil bei mir nicht auf Anhieb alles so geklappt hat, wie ich es wollte, hier ein paar Hinweise:
Rauchende Salpetersäure ist relativ teuer, weshalb es sich bei kleinen Mengen lohnt technische 60 %-tige Säure aufzukonzentrieren.
In einem 1 L Kolben wurden 300 ml 60 %-tige Salpetersäure und 400 ml 96 %-tige Schwefelsäure vorgelegt (Mischen unter Eiskühlung!). Die Schliffe fettet man am besten mit normalem Silikon-Schliffett - die Verwendung von Schwefelsäure als Schlifffett führt nur zu undichten Schliffen. Beim Erhitzen auf dem Wasserbad ist nichts überdestilliert, auch nicht nach sättigen des Wasserbades mit NaCl. Aus diesem Grund wurde mit der gerade entleuchteten Flamme des Bunsenbrenners (Vorsicht!) erhitzt. Es wurde so schnell destilliert, dass die Kondensationsfront bis in die Mitte des Kühlers reichte (langsames Destillieren fördert nur die Zersetung). Die Destillation wurde unterbrochen, als die Flüssigkeit trotz weiterem Erhitzen nur noch langsam in die Vorlage tropfte. Die aufkonzentrierte Säure wurde mit der gleichen Menge an 96 %-tige Schwefelsäure vermischt (man merkt, dass beim Vermischen diesmal kaum Wärme frei wird) und die Prozedur wiederholt. Die so gewonne rauchende Salpetersäure wurde in eine Waschflasche gefüllt und durch Durchleiten trockener Luft von dem Grossteil der Stickoxide befreit. Die Säure wird in einer Flasche mit Tefloneinlage und vor dem Licht (fördert Zersetzung) geschützt gelagert. Es wurden etwa 60 ml reine Säure erhalten (nicht gerade viel [denk]) Die Konzentration wurde nicht bestimmt, aber die Dinitrierung von Brombenzol (der am stärksten desaktivierte Monohalogenaromat) mit der Säure hat einwandfrei geklappt. :-)

Die rauchende Säure:

* salpetersAure rauchend.JPG (126.93 KB . 1151x767 - angeschaut 2337 Mal)     
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Re: Aufkonzentrieren von Salpetersäure
« Antwort #1 am: 27. August 2012, 22:05:36 »
Wieso hast Du keine Vakuumdestillation durchgeführt? Dann gäbe es nicht so viel Verluste durch Zersetzung.
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Re: Aufkonzentrieren von Salpetersäure
« Antwort #2 am: 28. August 2012, 05:01:02 »
Ouch, von einem Siedeverzug bei der Destillation hochkonzentrierter HNO3 aus H2SO4 und ich glaube Ammoniumnitrat habe ich noch eine fiese Narbe auf meinem Handrücken :D  :-[ Die überhitzte Pampe hatte sich binnen weniger Sekunden auf dem Weg zur Waschbecken richtig schön in meine Hand reingefressen.

Ich würde auch zumindest Wasserstahlvakuum empfehlen. Den Unterschied sieht man deutlich in der Farbe des Produkts. Redestillieren unter Vakuum würde es glaube ich auch bringen, da treibt die gelösten nitrosen Gase großteils aus.
Die Nitrosen Gase stören sehr oft bei Reaktionen, teilweise geht das sehr auf den Ertrag oder man bekommt garkein Produkt. Ich glaube das gelöste NO2 kann sogar die brutalen "Abzug-zuhalten-und-hoffen-dass-nichts-rauspritzt-und-niemand-im-Labor-die-Sauerrei-riecht-oder-sieht-und-am-liebsten-wegrennen-wollen-Reaktionen" begünstigen, zumindest hatte ich das schonmal mit komerzieller (aber sehr alter, dunkler) wasserfreier HNO3, dass obwohl ich immer mehr als 10°C (!!!) unter der in der Vorschrift angegebenen Reaktionshöchsttemperatur war auf einmal die Temperatur binnen ~10s von ~10°C auf über Siedetemperatur anstieg und unmengen Nitrose Gase entwichen und die Suppe prodelte, spritzte und schäumte wie ne verquirlte Mischung aus Lava und Wasser. Seit dem bin ich kein großer Fan von hochkonzentrierter HNO3 mehr, wenn ich sie nicht selbst frisch aufgemacht oder vakuum-destilliert habe.

Mann kann die Salpetersäure übrigens soweit ich weiß für den Einsatz bei Synthesen auch einfach mit Harnstoff oder Harnstoffnitrat "entfärben".  Allerdings würde ich sie danach vorsichtshalber nicht mehr zur Trockene destillieren, falls vielleicht nicht alles Harnstoffnitrat wegoxidiert wurde ;)
« Letzte Änderung: 28. August 2012, 05:38:56 von HardChemistryStudent »

Heuteufel

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Re: Aufkonzentrieren von Salpetersäure
« Antwort #3 am: 28. August 2012, 19:52:43 »
Zitat
Wieso hast Du keine Vakuumdestillation durchgeführt? Dann gäbe es nicht so viel Verluste durch Zersetzung.
Ich glaube nicht, dass viel Verluste durch Zersetzung entstanden sind. Bei der schnellen Destillation mit dem Bunsenbrenner wurden die anfänglich gebildeten Stickoxide sogar von den Salpetersäuredampfen aus der Apparatur verdrängt. Kann aber sein, dass es trotzdem besser ist unter Vakuum zu destillieren - ich habe keine Erfahrung damit.

Die mit dem Produkt hergestellte Nitriersäure war völlig farblos - ich nehme also an, dass sie kein freies NO2 mehr enthielt, oder?
Bei empfindlichen Anwendungen, wo die Salpetersäure allein, ohne Zusatz von H2SO4 eingesetzt wird wäre es tatsächlich angebracht sie auch noch von den letzen Spuren NO2 zu reinigen.
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Re: Aufkonzentrieren von Salpetersäure
« Antwort #4 am: 29. August 2012, 10:37:14 »
Kann aber sein, dass es trotzdem besser ist unter Vakuum zu destillieren - ich habe keine Erfahrung damit.
Ja, ich denke das wäre besser. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang aber auch die Extraktion von HNO3 mit Dichlormethan. Auf diese Art kann auf das Vakuum verzichtet werden und man vermeidet gleichzeitig Verluste wegen thermischer Zersetzung.
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Re: Aufkonzentrieren von Salpetersäure
« Antwort #5 am: 29. August 2012, 15:45:17 »
Ja, ich denke das wäre besser. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang aber auch die Extraktion von HNO3 mit Dichlormethan. Auf diese Art kann auf das Vakuum verzichtet werden und man vermeidet gleichzeitig Verluste wegen thermischer Zersetzung.

Dies ist eine bekannte und patentierte Methode. Andererseits heißt es immer wieder, dass chlorierte Kohlenwasserstoffe schlagempfindliche Mischungen mit Salpetersäure bilden können. Da es aber recht aktuelle Fachliteratur zu der Methode gibt, frage ich mich, in wie weit die Angst vor potentiell explosionsgefährlichen HNO3/DCM-Mischungen berechtigt ist.

Zitat der verlinkten Papers:
Zitat
Despite some reports assessing potential explosion hazards in handling HNO3–CH2Cl2 mixtures,  [4.], (a) and (b) we have never experienced any problem in using such solutions.

4.(a) Andrussow, L. Chim. Ind. (Paris) 1961, 86, 542–545 (Chem. Abst.1963, 58, 12362f)
4.(b) Romanova, L. B.; Ivanova, M. E.; Nesterenko, D. A.; Eremenko, L. T. Russ. Chem. Bull.1994, 43, 1207–1208 (Izv. Akad. Nauk, Ser. Khim.1994, 1271–1272; Chem. Abst.1995, 122, 105214).
« Letzte Änderung: 29. August 2012, 20:03:01 von Mephisto »
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Re: Aufkonzentrieren von Salpetersäure
« Antwort #6 am: 10. September 2012, 02:43:04 »
...
Die mit dem Produkt hergestellte Nitriersäure war völlig farblos - ich nehme also an, dass sie kein freies NO2 mehr enthielt, oder?
...
Meiner Erfahrung nach sieht frisch im Vakuum destillierte HNO3 ein bisschen farbloser aus als die von deinen Fotos.
Wenn die Nitriersäure komplett farblos war, kann's aber wirklich nicht sehr viel gewesen sein. Ich habe schon mit gefärbter Nitriersäure versucht zu arbeiten, kann nur davon für die allermeisten Zwecke abraten.
« Letzte Änderung: 11. September 2012, 01:11:40 von HardChemistryStudent »