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Autor Thema: Bau einer einfachen Kugelmühle  (Gelesen 14728 mal)

Stefan

  • Gast
Bau einer einfachen Kugelmühle
« am: 05. Februar 2011, 23:52:34 »
Eine Kugelmühle ist ein nützliches Gerät um Pulvermischungen zu homogenisieren und Chemikalien zu feinstem Pulver zu zermahlen, wenn erwünscht auch nass oder unter Schutzflüssigkeit.
Sie ist leicht zu bauen und liefert außerordentlich feine Pulver, feiner als man es je mit Reibschale oder Kaffeemühle erzielen könnte.

Wenn man auf Youtube "ball mill" eingibt findet man hunderte Videos von selbstgebauten Kugelmühlen.
Der allergrößte Teil davon basiert auf dem bei amerikanischen Bastlern verbreiteten Prinzip, das Mahlgefäß auf zwei Achsen liegend laufen zu lassen. Eine oder beide Achsen werden angetrieben und treiben so durch ihre Reibung mit dem Gefäß selbiges an.

Die erste Frage, die sich bei der Planung eines Eigenbaus stellt, ist die nach dem zu verwendenden Motor.
Die meisten Motoren laufen viel zu schnell für eine Kugelmühle. Man muss also entweder die Drehzahl mittels eines Riementriebs reduzieren, wofür man Riemenscheiben, Riemen, Achsen und Lager braucht, oder man versucht einen Motor mit angeflanschtem Getriebe zu besorgen, welches die erforderliche Untersetzung aufweist.
Auf keinen Fall sollte man eine Bohrmaschine oder einen Akkuschrauber verwenden. Diese sind für solch eine Dauerbelastung nicht ausgelegt und ihr Getriebe verschleißt in kürzester Zeit, außerdem überhitzt der Motor.
Gut geeignet und für jedermann auf dem nächsten Schrottplatz erhältlich ist ein Scheibenwischermotor.
Die Drehzahl ist jedoch so niedrig, dass dieser Motor nur für einen Direktantrieb der Mahltrommel, also ohne Untersetzung durch eine Achse wie beim amerikanischen Design, in Frage kommt.

Vom Schrottplatz habe ich mir einen Wischermotor von einem alten Ford-Lieferwagen besorgt.
Ford-Wischermotoren haben zwei Motorwicklungen, eine für Langsam- und eine für Schnellauf.
Meiner hat fünf Anschlüsse, 1 ist Minus, plus an 4 ist Langsam, plus an 5 ist Schnell.

Die fertige Kugelmühle:

* KugelmAhle1.jpg (56.93 KB . 600x450 - angeschaut 4437 Mal)
Das Mahlgefäß ist ein Rohrstutzen aus 110mm PP-Abflussrohr mit zwei Endkappen. Es ist auf zwei Rädern drehbar gelagert.
Der hölzerne Mitnehmer ist von innen mit zwei Holzschrauben an die graue Endkappe geschraubt.
Der Gartenschlauch dient als flexible Kupplung zwischen dem Motor und dem Mahlgefäß und hält die Erschütterungen des Mahlvorgangs und seitliche Kräfte von den Lagern des Getriebes fern.
Der Motor wird von einem PC-Netzteil mit 12 Volt versorgt und zieht etwa 2,5 Ampere.

Die Achse des Motors sieht so aus:

* KugelmAhle4.jpg (35.86 KB . 600x450 - angeschaut 2590 Mal)
Da der Motor so herum läuft, dass ein einfacher Rundstab mit Innengewinde sich während des Betriebs abschrauben würde und man die Drehrichtung des Motors nicht ändern darf, musste ich folgendes Teil anfertigen:

* KugelmAhle3.jpg (34.49 KB . 600x450 - angeschaut 2620 Mal)
Ein 20mm dicker Alu-Rundstab wurde etwa 50mm tief mit 6,8mm eingebohrt und das Loch 15mm tief auf 10mm Durchmesser aufgebohrt. In die tieferliegende 6,8mm Bohrung wurde ein M8 Gewinde geschnitten.
5mm von Ende entfernt wurde der Stab auf gegenüberliegenden Seiten zweimal mit 2,5mm angebohrt und M3-Gewinde eingeschnitten, damit man mittels zweier M3-Schrauben das Teil nach dem Aufschrauben auf die Motorachse gegen Abschrauben sichern kann. Die M3-Schrauben stoßen auf die Riffelung der Motorachse und halten den Mitnehmer verdrehsicher.
Im montierten Zustand:

* KugelmAhle2.jpg (48.52 KB . 600x450 - angeschaut 2691 Mal)

Das Mahlgefäß wird zur Hälfte mit Mahlkugeln befüllt. Im Moment verwende ich Keramikkugeln (Mischung verschiedener Größen), welche ich mal auf Ebay bekommen habe.
Optimal geeignet wären diese Aluminiumoxid-Mahlkugeln von Schuba:
http://www.schuba-shop.com/epages/schuba.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/Feuerungsbau/Products/500140101, welche jedoch nicht ganz billig sind.
Das Mahlgut sollte im pulverisierten Zustand die Zwischenräume zwischen den Mahlkugeln vollständig ausfüllen. Zuwenig Mahlgut bewirkt erhöhten Abrieb der Kugeln, da sie dann teilweise "trocken", also ohne Mahlgut dazwischen, aneinander reiben. Man sollte eher etwas zuviel als zuwenig Mahlgut in das Mahlgefäß füllen.

Mit Keramikkugeln und auf Stufe "schnell" (ca. 80 UPM) beträgt die erforderliche Zeit, um grob vorzerkleinerte Holzkohle zu einem gleichmäßig staubfeinen Pulver zu mahlen etwa 12 Stunden.
Mit Bleikugeln ist die Effizienz der Müle aufgrund des höheren Gewichtes wesentlich besser und man muss nur etwa 3 Stunden mahlen. Mit Keramikkugeln wird das Endergebnis jedoch deutlich feiner, da diese aufgrund ihrer rauhen Oberfläche eine zerreibende Wirkung haben, ähnlich einer Reibschale mit Pistill.
Bleikugeln haben vorwiegend zerdrückende und zerstoßende Wirkung.
Ein weiteres Kriterium bei der Auswahl der Mahlkugeln ist die chemische Beständigkeit und eine mögliche Unerwünschtheit von Bleiabrieb im Produkt.
« Letzte Änderung: 06. Februar 2011, 00:11:25 von Stefan »

Phil

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Re: Bau einer einfachen Kugelmühle
« Antwort #1 am: 06. Februar 2011, 08:13:40 »
Tolles Gerät, Du könntest bei Lambdasyn als Laborbedarfhändler einen Shop machen und Geräte verkaufen. [denk]
Wieviel Zeit hast Du investiert alles in allem und wie hoch waren die Kosten? [shifty]
Alternativ könnte man auch von Kugellagern verschiedene Grössen nehmen anstelle der Keramikkugeln, den Abrieb und die Kugeln lassen sich recht einfach mit einem Magneten aus dem Mahlgut entfernen.
Bei der Synthese von Aluminiumstearat http://forum.lambdasyn.org/index.php/topic,612.0.html
hatte ich von einem Goldschmied einen Polierbehälter, dieser vibrierte sehr stark, zusammen mit den Stahlkugeln ergab dies auch ein sehr feines Pulver, leider habe ich kein Photo von diesem Gerät und es existiert auch nicht mehr. Der Nachteil wahr das es fiel Staub neben dem Gerät hatte, so dass Deine Methode fiel besser und vor allen dingen leiser ist.
Gute Arbeit Gratuliere [bounce] [hooray]
Nicht die Gewalt einiger weniger ist gefährlich, sondern das Schweigen der Masse.
Wer suchet der findet. Wer drauftritt, verschwindet. Alte Mienenregel.
Heute ist nicht alle Tage ich komm wieder keine Frage.
Die Indianer konnten die Einwanderung nicht stoppen, darum leben Sie heute in Reservaten.

Stefan

  • Gast
Re: Bau einer einfachen Kugelmühle
« Antwort #2 am: 07. Februar 2011, 23:43:23 »
Der Motor hat mich 20€ gekostet und die Rollen, auf denen das Mahlgefäß läuft, etwa 8€. Die restlichen Teile hatte ich noch herumliegen. Gebaut habe ich das ganze an einem Samstagnachmittag + Abend. Die meiste Zeit nahm die Trennung des Motors von Blech und Gestänge in Anspruch, die Mühle selber war in kürzester Zeit fertig.
Stählerne Kugellager stellen ebenfalls gute Mahlkörper mit sehr geringem Abrieb dar, aber saure Stoffe oder gewisse Salze kann man damit nicht mahlen weil sie korrodieren. Mit Keramikkugeln kann man so gut wie alles mahlen und eventuell entstehender Abrieb ist chemisch inert, da kann man die längere Laufzeit schon in Kauf nehmen. 

Leise sagst du? Die Kugelmühle läuft aufgrund der erheblichen Geräuschentwicklung in der Garage, ansonsten würde einem das andauernde Poltern und Prasseln den letzten Nerv rauben. Mit Keramikkugeln ist es noch nicht so schlimm, aber spätestens mit Stahl- oder gar Bleikugeln muss man sich Gedanken um Schalldämmung machen.
Siehe hier: http://www.fingers-welt.de/gallerie/eigen/maschine/muehle/muehle.htm Hier wurde die Mühle in eine mit Teppichresten ausgekleidete Holzkiste eingebaut. Der Autor nennt die Kiste das wichtigste Bauteil der Mühle!

dawt

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Re: Bau einer einfachen Kugelmühle
« Antwort #3 am: 08. Februar 2011, 02:36:45 »
Hab auch so ein Ding, vom Flohmarkt für $10. Selbstgebaut ist aber sicher besser, das Gerät hinterlässt den typischen Made in China Eindruck.
http://www.amazon.com/Classic-Crafts-Rock-Tumbler/dp/B00000ISUU