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Autor Thema: Stickstoffdioxid in Salpetersäure  (Gelesen 16163 mal)

Butandiolmonoacrylat

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Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« am: 03. Dezember 2008, 13:52:25 »
Heute hatte ich im Chemieunterricht zur Demonstration Stickstoffdioxid in Wasser eingeleitet. Nach einiger zeit färbte sich die gut gekühlte Flüssigkeit (Säure) gelblich, woraufhin ich die Dichte maß. Diese betrug ca. 1,35. Damit war die Demonstration soweit abgeschlossen, jedoch löste ich noch weitere 20min NO2, bis ich eine braungrüne fast komplett lichtundurchlässige Flüssigkeit erhielt.
Das ist doch nun das Azeotrop, mit gelösten Stickoxiden, oder? Das Gemisch raucht an der Luft. Bewahre es nun in einer Braunglas-Säurekappenflasche auf.

Was sollte da auf das Etikett?
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Phil

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #1 am: 03. Dezember 2008, 19:39:32 »
Hallo Butandiolmonoacrylat Du hast HNO3 erhalten.
H2O + 2NO2  ---> HNO3  [unschuldig]
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Butandiolmonoacrylat

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #2 am: 03. Dezember 2008, 20:01:57 »
Klar, es ging ja um die Synthese von HNO3, die aber bei eintritt der Gelbfärbung schon abgeschlossen war. Hat ja auch in etwa die Dichtebestimmung ergeben. Danach hab ich sozusagen in der ca. 60-65%ige HNO3  weiterhin Stickstoffdioxid gelöst. Dann hab ich nur konz. Salpetersäure mit gelöstem NO2, oder ist die Konzentration nun Höher als das Azeotrop? Warum hat sich die Lösung so stark dunkel gefärbt? Was passiert mit dem gelösten NO2(falls das so ist) wenn ich Harnstoffnitrat zugebe? Das NO2 würde ja gebunden werden, steigt damit dann die Konzentration der HNO3? Geht nur um die Theorie.
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Phil

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #3 am: 03. Dezember 2008, 20:28:14 »
Ich kann es Dir nicht sagen, aber konz. technische Salpetersäure ist oft gelb oder rotbraun aber was die Farbe auslöst muss ich nachlesen.
Eventuell weiss es gleich jemand aus dem Forum.
Im Brauer erster Band Seite 479 steht recht fiel. Hier die Wiedergabe: Farblose Flüssigkeit, teilweise dissoziiert in NO2+, NO3- und Wasser.
Starkes Oxidationsmittel. Stickoxidfreie Säure entfärbt nach dem verdünnen mit der doppelten Menge Wasser KMnO4 nicht. Wasserfreie Säure zersetzt sich bei Zimmertemperatur, besonders im Licht; bei der Zersetzung  entstehen NO2 H2O und O2. So entsteht auch der Überdruck in den Flaschen. Ich hoffe das ich Dir etwas helfen konnte, sonst schreibe noch einmal dann versuche ich noch genaueres herauszufinden.
Gruss Phil
« Letzte Änderung: 03. Dezember 2008, 20:42:27 von Phil »
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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #4 am: 04. Dezember 2008, 00:27:39 »
Das ist doch nun das Azeotrop, mit gelösten Stickoxiden, oder?

Durch das lange Einleiten hast du wahrscheinlich eine höhere Konzentration erreicht als nur die des Azeotrops, und ja mit gelösten Stickoxiden. Kannst sie mit dem Harnstoff versuchen zu entfärben.

Was sollte da auf das Etikett?

„Rotrauchende Salpetersäure“.

Hallo Butandiolmonoacrylat Du hast HNO3 erhalten.
H2O + 2NO2  ---> HNO3  [unschuldig]

Hast du da nicht was vergessen? ;-)

Butandiolmonoacrylat

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #5 am: 04. Dezember 2008, 14:48:06 »
Hast du da nicht was vergessen? ;-)

Stimmt...^^

Das blaugrüne Zeug ist glaub ich dimeres NO2.

Wenn ich das ganze runterkühle, müsste sich doch N2O4 abscheiden.
Ich probier es einfach mal aus. Dann weiß ichs.
Danke für die Antworten.
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Hyperion

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #6 am: 05. Dezember 2008, 02:32:53 »
Rotbraune Faerbung kommt von geloestem NO2 in Salpetersaeure.
Beim Ostwaldverfahren
http://de.wikipedia.org/wiki/Ostwaldverfahren
kann in 'Rieseltuermen' eine Konzentration von 60% erreicht werden, bis 68% gehts dann nur mit Destillierung (Azeotrop siedet bei 122 deg C).

Der Grund warum bei weiterer Einfuehrung von NO2 die Loesung sich blau-gruen verfaerbt ist eigentlich recht einfach - wenn man sich die Reaktionsgleichungen ansieht:

1. 2 NO2 + H2---> HNO3 + HNO2
2. 3 HNO2 ---> HNO3 + 2 NO + H2O
3. 2 NO + O2 ---> 2 NO2

Das sind die Reaktionen bei grosstechnische Bedingungen, wo O2 eingeleitet wird.

Hier, bei Einfuehrung von NO2 im Ueberschuss, in Abwesenheit von Sauerstoff, findet Reaktion 3 nicht weiter statt.
Stattdessen loest sich das entstehende NO zu HNO2 und H2N2O2 (hyposalpetrige Saeure), nach
4 NO + 2 H2O ---> H2N2O2 + 2 HNO2

Nun, und HNO2, salpetrige Saeure, hat eine schoene blau-gruene Faerbung (oder eher das N2O3 welches sich in kleinen Mengen aus NO und NO2 bildet, oder direkt aus HNO2, siehe weiter unten), wohingegen hyposalpetrige Saeure keine Faerbung zeigt!
Das laesst sich sehr einfach testen - loese ein bisschen NaNO2 in Wasser und gebe HCl dazu - die blaue Faerbung ensteht augenblicklich, und zugleich bilden sich rote Daempfe (2 NO + O2 ---> 2 NO2)

Demnach ist Deine NO2-gesaettigte Loesung ein Gemisch aus HNO3 und HNO2, gewuerzt mit einer Prise H2N2O2  :P

N2O4 kann man nur als Gas in der Kaelte kristallisieren oder verfluessigen, in Loesung dissoziiert es.... siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/N2O4

Uebrigens ist die hyposalpetrige Saeure recht interessant (http://de.wikipedia.org/wiki/Hyposalpetrige_S%C3%A4ure ), es gibt cis/trans Isomere und die Salze haben auch gewisses Interesse...

Hochinteressant, diese Stickstoffchemie! Und es gibt ja noch einige weitere N-Saeuren, etc...!
« Letzte Änderung: 06. Dezember 2008, 06:22:16 von Hyperion »

Mephisto

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #7 am: 05. Dezember 2008, 16:29:41 »
Kurz als Ergänzung: Blau ist hier das N2O3. In einer gelblich-braunen Lösung sieht es entsprechend grünlich aus. Es färbt die oben hergestellte Salpetersäure (HNO3 mit HNO2, usw.) und auch die aus NaNO2 und HCl hergestellte Salpetrige Säure, da es mit HNO2 direkt im Gleichgewicht steht.

2 HNO2 <---> N2O3 + H2O

N2O3 <---> NO2 + NO

Mit NO2 und NO steht es ebenfalls im Gleichgewicht (braune Dämpfe bei HCl-Zugabe zu NaNO2). Die Rückreaktion von NO2 und NO zu N2O3 tritt in der Kälte bei der Verflüssigung auf.


* NOx-liquid1.jpg (41.07 KB . 667x400 - angeschaut 871 Mal)
Bildquelle: Woelen - Science made alive
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Hyperion

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #8 am: 06. Dezember 2008, 05:56:33 »
Aha, also entsteht HNO2 wie beschrieben, welches sich dann zu N2O3 umsetzt und blau ist. Interessant - hatte gedacht dass sich N2O3 nicht stabil bildet wegen Zersetzung zu HNO2 (Rueckreaktion) - aber scheinbar ist bei Normaldruck/Temp 10% N2O3 in einer NO2/NO Gasmischung vorhanden- was jedoch nichts ueber das Gleichgewicht in Loesung aussagt.

Laut Holleman/Wiberg (de Gruyter) steht, HNO2 kann aufgrund seiner Struktur keine Absorption im visuellen Bereich aufweisen, daher muss das Anhydrid der salpetrigen Saeure N2O3 eine andere Struktur haben - und zwar ON-NO2. Dieses erklaert scheinbar die blaue Faerbung. (siehe auch attachment, und http://books.google.de/books?id=eGkvSDAqY9gC&pg=RA1-PA696&lpg=RA1-PA696&dq=n2o3&source=web&ots=MDR854jN1r&sig=tAKp9f9-Huku3c3sjecmGgplyuQ&hl=de&sa=X&oi=book_result&resnum=8&ct=result)


* N2O3.gif (70.21 KB . 478x866 - angeschaut 903 Mal)

Das heisst, die Standard Gleichungen von weiter oben sind hier nicht vollstaendig, und muessten folgendermassen aussehen:

1. 2 NO2 + H2O   ---> HNO3 + HNO2
2. 3 HNO2  ---> HNO3 + 2 NO + H2O
3. 2 NO + O2  ---> 2 NO2
4. NO + 2 H2---> H2N2O2 + 2 HNO2
5. NO + NO2  <---> N2O3

Also Hypothese: Eine starke Saeure wird zu NaNO2(aq) unter O2 Abschluss dazugegeben, auch aus dem Wasser wurde geloester Sauerstoff entfernt.
Demnach bildet sich HNO2, welches aber sich nur zu HNO3 disproportionieren kann (Gleichung 2), jedoch da sich ueberhaupt kein NO2 bilden kann (Gleichung 3), wird Reaktion 5 nicht stattfinden. Demnach ist freie HNO2 in Abwesenheit von Sauerstoff farblos, da sich kein N2O3 formt. Ich glaube auch das passt zusammen, ich kann mich entsinnen dass die blaue Faerbung sich hauptsaechlich auf der Oberflaeche (i.e. dem O2 ausgesetzt) gebildet hat, i.e. bei Zugabe von HCl zu NaNO2. Super. Danke fuer den Hinweis! Hatte mich schon immer gewundert warum Nitritester farblos sind, wo doch freie HNO2 so schoen blau schien! Wie gesagt die Erklaerung der Farbe liegt in der Struktur des N2O3's.

Oh, es sei denn natuerlich die Reaktion 2 HNO2  <---> N2O3 + H2O findet wirklich unter Normalbedingungen in die rechte Richtung statt, dann ist nat. kein O2 notwendig, und insofern ist auch die obige Hypothese nicht umbedingt schluessig :(. Ganz klar, falls die Loesung unter O2-Abschluss farblos bleibt, findet 2 HNO2  <---> N2O3 + H2O in Loesung nicht statt, und N2O3-Bildung ist demnach O2 abhaengig.
« Letzte Änderung: 06. Dezember 2008, 06:34:28 von Hyperion »

Phil

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #9 am: 07. Dezember 2008, 11:40:36 »
Was würde nun passieren, wenn anstelle von H2O, H2O2 verwendet wird.
Bei Schwefeldioxid wird dieses zu Schwefelsäure oxidiert. Passiert mit Stickoxiden etwas endliches?
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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #10 am: 08. Dezember 2008, 22:12:04 »
Was würde nun passieren, wenn anstelle von H2O, H2O2 verwendet wird.
Bei Schwefeldioxid wird dieses zu Schwefelsäure oxidiert. Passiert mit Stickoxiden etwas endliches?

Ja. Setzt man HNO2 mit H2O2 um, entsteht letztendlich HNO3. Dies geschieht über die Reaktionszwischenstufe der Peroxosalpetrigen Säure ON-OOH, die sich durch Isomerisierung leicht in Salpetersäure umwandelt.

HNO2 + H2O2 ---> ON-OOH + H2O
ON-OOH ---> O2N-OH
________________________________________
HNO2 + H2O2 ---> HNO3 + H2O

Quelle: A.F. Hollemann, N. Wiberg; Lehrbuch der Anorganischen Chemie; 102. Aufl.; Seite 728; de Gruyter Verlag 2007
« Letzte Änderung: 08. Dezember 2008, 22:22:04 von Mephisto »
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Mephisto

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Re: Stickstoffdioxid in Salpetersäure
« Antwort #11 am: 20. Dezember 2008, 20:29:05 »
Kurz noch ein Nachtrag: HNO2 steht mit N2O3 direkt im Gleichgewicht, es Bedarf dazu keinen Sauerstoff. Es ist auch die aktive Spezies bei einigen Reaktionen mit HNO2, wie z.B. bei der Diazotierung. Nun habe ich im Holleman-Wiberg gelesen, dass die Konstante des Gleichgewichts

2 HNO2 <---> N2O3 + H2O

bei 25 °C K = 0.2 beträgt. So kann man sich leicht ein Bild davon machen, dass ein 1 mol HNO2 mit 0.2 mol N2O3 im Gleichgewicht steht. Da c[N2O3]1/2 · c[H2O]1/2 zu c[N2O3] zusammengefasst werden kann, gilt K = c[N2O3] / c[HNO2].
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