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Autor Thema: Totalsynthese von Aesculin  (Gelesen 32187 mal)

Cumarinderivat

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Totalsynthese von Aesculin
« am: 23. Dezember 2015, 14:34:39 »
Hallo,

ich habe vor einiger Zeit mal die Idee gehabt, eine Totalsynthese von Aesculin durchzuführen. Zuerst einmal ging es mir nur um die theoretische Entwicklung eines geeigneten Synthesewegs, bin daran damals aber ziemlich gescheitert. Inzwischen ist meine CTA-Ausbildung fortgeschritten und ich habe inzwischen ausreichend Grundwissen, um einen (zumindest theoretisch funktionierenden) Syntheseweg zu entwickeln. Die Grundzüge des Ganzen sind inzwischen fertig, für einige Schritte habe ich mir inzwischen auch schon (hoffentlich geeignete) Vorschriften herausgesucht.
So ganz ausgereift ist die Vorschrift allerdings an einigen Stellen noch nicht, einige Punkte sind mir persönlich auch noch etwas unklar, z.B. wie ich eine Acetyl-Schutzgruppe selektiv abspalten kann, ohne dass die stabilere Benzoyl-Schutzgruppe beeinträchtigt wird (hab nur gefunden, dass das wohl gehen muss). Deshalb wollte ich mal fragen, ob sich hier vielleicht jemand findet, der sich da noch etwas besser auskennt als ich ;-)!
Die Vorschrift findet ihr als PDF im Anhang.

Mal schauen, wenn die Theorie dann irgendwann mal vollständig ausgereift ist, habe ich auch vor das Ganze mal praktisch zu versuchen!

LG,
Florian
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synthon

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #1 am: 23. Dezember 2015, 16:35:21 »
Normalerweise versucht man, eine Synthese mit so wenig Stufen wie möglich zu gestalten. Jede Stufe bedeutet irgendwo Verluste (quantitative Umsetzungen sind eher rar) und man hat noch den Aufwand der Aufreinigung und Charakterisierung. Viele Verbindungen kann man kaufen, einfach mal die Strukturformel bei Sigma-Aldrich oder z.B. emolecules.com suchen.

Das Produkt aus Stufe 1 und 2 findet sich unter CAS Nr. 20734-68-3, vielleicht lässt sich das schon kaufen. Je nach Preis durchaus eine Überlegung wert. Man braucht Arbeitszeit, Laborgeräte, Chemikalien, erzeugt Abfälle (Entsorgung mit betrachten), verbraucht Energie, Wasser, Charakterisierung/Analytik kostet ebenfalls Geld... in der Hobbychemie mögen wirtschaftliche Aspekte vielleicht eher zweitrangig sein (im Sinne von Effizienz), aber um eine effiziente Synthese zu designen muss man für aromatische Strukturen vielleicht nicht unbedingt bei Benzol beginnen ;)

Pechmann ist wohl Mittel der Wahl, was Coumarine betrifft. Ob der Rest gut funktioniert, kann ich dir so aus dem Steigreif nicht sagen. Habe die Zuckerchemie meiner Kollegen subjektiv immer als sehr nervig und aufwändig empfunden, bin da etwas vorgeschädigt ^^
Bei den Schutzgruppen muss man schon aufpassen, eine Möglichkeit wären Schutzgruppen, die sich unter verschiedenen Bedingungen abspalten lassen z.B. für Amine Boc im sauren und Fmoc im alkalischen.

Wenn du Zeit und alle notwendigen Gerätschaften hast, kannst du es ja mal ausprobieren. Bei Listenpreisen (d.h. mit Kundenrabatt wird es noch günstiger) ist die Totalsynthese über mehrere Stufen vermutlich nur von akademischem Interesse:
http://www.sigmaaldrich.com/catalog/product/sigma/e8250?lang=de&region=DE
http://www.tcichemicals.com/eshop/de/de/commodity/E0024/
(5g für 20-30 EUR Listenpreis)

Cumarinderivat

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #2 am: 23. Dezember 2015, 17:10:03 »
Ich hab auch schon nach dem Stoff gesucht, aber ich hab nicht mal einen Lieferanten in Europa gefunden.

Eine alternative wäre auch die Bildung des Cumarinderivats mittels Perkin aber da ist das Edukt wohl eher noch schwerer herzustellen :-(.
Geräte hab ich einiges da, wenn nötig kann ich mir auch mal was von der Schule leihen  ;-).

Das das Zeug nix wert ist hab ich auch schon gemerkt, aber dann komm ich nacher wenigstens günstig an ne Vergleichssubstanz für die Analytik  :-).

LG,
Florian
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NI2

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #3 am: 24. Dezember 2015, 00:09:14 »
Wenn ich mich nicht täusche wurde das ganze schon mal woanders (VC?) diskutiert. Ich sehe das ganze ziemlich grenzwertig, da die ganzen letzten Stufen nach "Materialschlacht" ausschauen. Du benötigst viel speziellere Schutzgruppen und wesentlich sanftere Reaktionen. Für die Glycosylierung (und ich glaube einige andere Stufen) hatte ich dir bereits Paper zusammengesucht und einen Synthesevorschlag geschickt, da dort ohne Schutzgruppen nichts geht.

Liberty

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #4 am: 24. Dezember 2015, 11:57:38 »
@NI2: Da kann ich mich auch dran erinnern. Der wollte doch mit ner Fenton hydroxylieren.

To Topic:

Laut meiner Quelle verhalten sich beide Ester-Schutzgruppen ziemlich ähnlich, ausgenommen mit LDA.
Guck mal auf http://www.organic-chemistry.org/protectivegroups/#Hydroxy.

NI2

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #5 am: 24. Dezember 2015, 13:23:51 »
Sollte man mal mit Knabberwasser probieren, ist bestimmt auch selektiv genug.... :D

kleiner Tipp noch: Aminogruppen sind i.d.R. nucleophiler als OH-Gruppen (vgl. Paracetamolsynthese), wenn du die OH Gruppe selektiv schützen willst solltest du über eine Nitrogruppe gehen (sofern das noch die Coumarinbildung zulässt), die du nach dem Schützen der OH-Gruppe reduzieren kannst (ob die Schutzgruppe das allerdings überlebt kommt auf die Bedingungen). Wie gesagt hatte ich dir alles schon mal aufgeschrieben.

Da ich dennoch das Gefühl habe, dass Tipps und Ratschläge aufgrund von Beratungsresistenz nix bringen weil du dich auf das ganze versteift hast, bin ich raus für dieses Jahr ;)
« Letzte Änderung: 24. Dezember 2015, 13:29:16 von NI2 »

Cumarinderivat

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #6 am: 24. Dezember 2015, 16:12:51 »
Ja, das auf VC war von mir, aber wie bereits geschrieben, damals hatte ich definitiv noch deutlich weniger Ahnung als jetzt.
Aus heutiger Sicht würde ich sagen, ich könnte das vielleicht schon hinbekommen. Das Problem ist, dass ich viele Infos die ich dafür brauche auf Google einfach nicht finden kann.

Dieser Syntheseweg hat auch mit dem von damals nicht mehr viel zu tun, damals wusste ich ja noch nicht mal, was Schutzgruppen sind  :-(.
Das das von damals ziemlicher Schwachsinn war, ist mir inzwischen selbst klar geworden. Ich hab das jetzt nochmal ganz neu aufgezogen.

@ NI2: Das mit der Nitrogruppe ist mir gestern auch schon gekommen, da hab ich nämlich gemerkt, dass man die NH2-Gruppe auch als Ester schützen kann.

Das Problem ist einfach, dass ich mich mit Schutzgruppen nicht so sonderlich gut auskenne und nicht weiß, wo ich mir da mehr dazu anlesen kann.

Bezüglich der Glycosidierung ist zumindest die Variante mit der p-Toluolsulfonsäure als Katalysator sowie der Pentaacetylglucose bereits mit Cumarinderivaten durchgeführt worden (vgl. hierzu http://link.springer.com/article/10.1007%2FBF00476373#page-1). Da hätte ich dann erstmal versuchsweise 4-Methyl-7-Hydroxycumarin aus Resorcin und Acetessigester hergestellt um die Reaktion zu testen, bevor ich da mein wertvolles Cumarinderivat dafür draufgehen lasse.

LG,
Florian

PS: Ich bin gestern auch nochmal über eine weitere Methode zur Glycosidierung gestoße, über das (2,3,4,6-Tetra-O-acetyl-β-D-glucopyranosyl)trichloracetimidat
« Letzte Änderung: 24. Dezember 2015, 16:19:02 von Cumarinderivat »
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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #7 am: 24. Dezember 2015, 16:41:08 »
Das Problem ist, dass ich viele Infos die ich dafür brauche auf Google einfach nicht finden kann.

Deshalb schien es mir sinnvoll dir zu zeigen wie an diese Problematik bereits herangegangen worden ist. Die Totalsynthese ist nicht trivial und viele "Hauruck-Reaktionen" (wie Veresterung mit H2SO4) wird einfach nichts. bei sowas braucht man sanfte Veresterungsmethoden (Steglich etc.) und den strategischen Einsatz differenziert spaltbarer Schutzgruppen (hier evtl. MOM?)
Die Synthese des Glucosebausteins selbst ist bereits aufwändig, evtl versuchst du dich einfach erst einmal daran.

Cumarinderivat

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #8 am: 25. Dezember 2015, 16:15:18 »
Es wäre eigentlich sinnvoll, am Aesculetin als untere Schutzgruppe eine Acetylgruppe einzuführen, die könnte ich dann gleichzeitig mit den Acetylresten an der Glucosid-Gruppe entfernen (mit 5% NH3 in MeOH).

Das Problem bei der MOM-Gruppe ist, dass es mir die bei der sauren Glucosidierung wieder abspaltet :-(.

Ich recherchiere mal noch mal ein bisschen

LG,
Florian

Edit: Eigentlich bräuchte ich für die OH-Gruppe in Position 6 eine Basenlabile Schutzgruppe, da sowohl die Phenolverkochung, als auch die Einführung der Acetyl-Schutzgruppe im Sauren stattfinden. Das Problem ist, dass diese abspaltbar sein muss, ohne die Acetyl-Schutzgruppe zu beeinflussen!

Edit 2: Mir ist gerade noch die Idee gekommen, dass es unter Umständen aufgrund der Reduzierung der Reaktionsschritte und dadurch, dass bei der Pechmann-Kondensation eine Konkurrenzreaktion verhindert wird, sinnvoll wäre, am Anfang gleich das Hydroxyhydrochinon herzustellen und das dann mit einer 1,2-Diol-Schutzgruppe zu schützen. Bzw. gleich das Sesamol zu verwenden. Der Nachteil wäre dann eben, dass dann bei der Glucosidbildung zwei OH-Gruppen zur Verfügung stehen, ist die Frage, ob sich das von der Ausbeute her lohnt.
« Letzte Änderung: 25. Dezember 2015, 18:02:12 von Cumarinderivat »
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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #9 am: 25. Dezember 2015, 18:07:17 »
@ NI2: Hab grad mal nochmal deine Posts durchgelesen. Daran, dass du mir zu der Glycosydierung was geschickt hättest kann ich mich nicht erinnern, da hab ich mir alles alleine zusammengesucht. Ich hab allerdings ja auch schon lange keinen Zugriff mehr auf VC, falls da noch was war.

Könntest du mir da vielleicht nochmal was raussuchen?

LG,
Florian

PS: Es gibt nicht zufällig eine schonendere Variante der Phenolverkochung?
« Letzte Änderung: 25. Dezember 2015, 18:33:24 von Cumarinderivat »
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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #10 am: 26. Dezember 2015, 01:53:50 »
Ich werde nächstes Jahr mal gucken ob ich das ganze noch habe, bin aber keiner guten Hoffnung.

synthon

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #11 am: 26. Dezember 2015, 12:50:48 »
... so als Literaturtipp: Bernd Schäfer - Naturstoffe der chemischen Industrie

Weniger wegen Aesculin, aber so ganz allgemein; Naturstoffchemie bzw. die Totalsynthese von Naturstoffen sind schon spezielle Kapitel. Selbst vermeintlich triviale Moleküle (ein Coumarin mit einem Zucker, was ist das schon?) sind gar nicht so trivial ;)

Cumarinderivat

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #12 am: 30. Dezember 2015, 16:03:01 »
Ist die Steglich-Veresterung so spezifisch für Alkohole, dass damit die Amino-Gruppe nicht verestert wird?
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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #13 am: 30. Dezember 2015, 17:26:44 »
Nein, weil das Amin nukleophiler ist, wird es vermutlich sogar bevorzugt reagieren. Btw: Der Grund, weshalb die typische Steglich Veresterung mit DMAP nicht beliebt ist in der Peptidsynthese, ist die häufige Racemisierung durch Azlactonbildung. Wenn man HOBT statt DMAP verwendet, hat man eine gute Methode um eine Peptidbindung zu knüpfen (Königs-Geiger Methode, nach ihren Entdeckern).
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Cumarinderivat

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Re: Totalsynthese von Aesculin
« Antwort #14 am: 30. Dezember 2015, 22:51:59 »
Es müsste doch eigentlich funktionieren, wenn man die Aminogruppe mit einer Boc-Schutzgruppe schützt und dann an der OH-Gruppe mit Acetanhydrid und Pyridin im Basischen acetyliert? Beim Ansäuern/waschen mit 10% HCl müsste sich die Boc-Gruppe dann wieder abspalten und man hat den geschützten Alkohol sowie die OH-Gruppe, an der ich Glucosidieren möchte.

Und die Acetyl-Schutzgruppe wird dann gemeinsam mit den Acetyl-Schutzgruppen am Glucosid mit 5% NH3 in Methanol abgespalten.

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