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Autor Thema: d-Weinsäure Racemspaltung  (Gelesen 5707 mal)

Neslihan

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d-Weinsäure Racemspaltung
« am: 15. November 2015, 13:52:47 »
Hallo,
ich tue mich schwer, was die Nomenklatur bei Weinsäure angeht.
Ich lese immerwieder, dass gerne d-tartaric acid eingesetzt wird, um Isomere voneinander zu trennen.
Häufiges Beispiel, welches ich im Internet gefunden habe ist, dass man aus dl-Phenylethylamin, das d-Phenylethylamin isolieren möchte.
Dazu bildet man das Salz, mit d-tartaric acid. Als erstes Kristallisiert d-Phenylethylamine-d-tartaric acid aus und wird abfiltriert. l-phenylethylamine-d-tartaric acid, bleibt gelöst. Somit hat man d-Phenylethylamin isoliert.

Aber gleichzeitig hat man doch auch l-Phenylethylamin isoliert, welches sich in der Lösung befindet oder nicht?Je nachdem welches Isomer man haben möchte, setzt man es durch NaOH entweder aus der Lösung oder aus den Kristallen frei?
Somit dürfte es keine Rolle spielen ob ich d-tartaric acid einsetze und d-Phenylethylamine-d-tartaric acid als erstes kristallisiert, oder ob ich l-tartaric acid einsetze und l-phenylethylamine-d-tartaric acid als erstes Kristallisiert oder?
Wieso wird da aber peinlichst unterschieden?

Was mich zusätzlich verwirrt: es wird immer von d-tartaric acid gesprochen. damit ist das dextro isomer gemeint. es gibt aber auch andere Schreibweisen. d-tartaric acid, l-tartaric acid,  L-(+)-Tartaric acid, D-(-)-Tartaric acid und R oder S
welches steht denn nun alles für dextro-tartaric acid? Aufjedenfall schonmal das genannte d-tartaric acid. L-(+)-Tartaric acid steht, so wie ich es verstanden habe auch für das dextro Isomer. Liege ich da richtig? Bis vor kurzem dachte ich nämlich noch D-(-)-Tartaric acid steht fürs dextro.
Verwirrt mich alles total. Hat jemand Ahnung?

synthon

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Re: d-Weinsäure Racemspaltung
« Antwort #1 am: 15. November 2015, 14:19:23 »
D-Weinsäure und Phenethylamin (singular), sowie Phenethylamine (Plural) - ich denke, man sollte sowohl Deutsch als auch Englisch beherrschen, aber beide Sprachen nicht mischen. Weinsäure bildet Tartrate; zumindest im deutschen ;)

Welches Isomer man nun auskristallisiert, ist "eigentlich" egal, aber wenn man in Betracht zieht, was sich noch in der Lösung befindet, kann es durchaus Sinn ergeben (nicht "Sinn machen"), gleich die gewünschte Verbindung auszukristallisieren. Die erhaltenen Kristalle dürften eine sehr hohe Reinheit aufweisen, der unerwünschte Schlonz bleibt dann in Lösung.

Weinsäure ist auch nicht zuletzt bekannt aus der Isomerentrennung von LSD - daher auch der frühere Name des Präparates Delysid: Dextro-Lysergsäurediethylamid-Tartrat.

Ansonsten darf man die verschiedenen Benennungen und Systematiken nicht verwechseln. Diese sind voneinander unabhängig. D ist nicht automatisch (+), R ist nicht automatisch (-) oder so...

1) D, L = Fischer-Projektion: https://de.wikipedia.org/wiki/Fischer-Projektion
2) R, S = CIP-Nomenklatur: https://de.wikipedia.org/wiki/Cahn-Ingold-Prelog-Konvention
3) +, -, + = Spezifischer Drehwinkel: https://de.wikipedia.org/wiki/Spezifischer_Drehwinkel

Zur Stereochemie von Weinsäure: https://en.wikipedia.org/wiki/Tartaric_acid#Stereochemistry

Phil

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Re: d-Weinsäure Racemspaltung
« Antwort #2 am: 15. November 2015, 16:05:40 »
Hey synthon also nun muss ich Dir sagen, super erklärt und tolle Links. Danke.
Nicht die Gewalt einiger weniger ist gefährlich, sondern das Schweigen der Masse.
Wer suchet der findet. Wer drauftritt, verschwindet. Alte Mienenregel.
Heute ist nicht alle Tage ich komm wieder keine Frage.
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Neslihan

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Re: d-Weinsäure Racemspaltung
« Antwort #3 am: 15. November 2015, 16:10:41 »
Hey, danke erstmal für deine Antwort.
Zunächst einmal beherrsche ich beide Sprachen und auch und mir sind die unterschiede klar. Aber du hast recht, dass es weniger verwirrend wäre, wenn man nicht von der deutschen Bezeichnung ins Englische und wieder zurück springt.
Liegt vermutlich daran, dass die gesamte Literatur, die ich dazu gelesen habe auf Englisch ist, ich das Problem jetzt allerdings versuche auf Deutsch zu schildern. Das erstmal vorweg. [shifty]

Ok also meine Annahme war diesbezüglich also schonmal richtig? Die auskristallisierte Verbindung hat mit Sicherheit eine höhere Reinheit, aber wenn es nur darum geht, beide Isomere voneinander zu trennen, dann würde es keine Rolle Spielen?
Das mit LSD wusste ich nicht. Wieder was dazu gelernt. Bin jedoch oft beim googlen auf "Procedures for the Resolution of Racemic Amphetamines" gestoßen.

Dass man die verschiedenen Benennungen nicht verwechseln darf, habe ich bereits gemerkt. Aber ich verwechsele sie, genau das ist ja mein Problem  ;-D

Worauf bezieht sich denn jetzt genau das "dextro" bzw. "levo"?
Auf den spezifischen Drehwinkel? Also auf die Drehung der Ebene von linear polarisiertem Licht? Sprich (+) für rechtsdrehend und (-) für linksdrehend? Falls ja, könnte man ja pauschalisieren und sagen (+) ist immer dextro und (-) immer levo, egal ob nun D oder L oder sonstwas davor steht.

Wäre einleuchtend. Bei dem Wikipedia Artikel steht aber nun, dieser blöde Satz, der alles wieder über den haufen schmeißt:
The naturally occurring form of the acid is L-(+)-tartaric acid or levotartaric acid. The mirror-image (enantiomeric) form, dextrotartaric acid or D-(-)-tartaric acid,




synthon

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Re: d-Weinsäure Racemspaltung
« Antwort #4 am: 15. November 2015, 21:50:13 »
Wenn man erst mal nur Isomere trennen will, ist es egal. Manche Isomere kristallisieren vielleicht nicht vernünftig oder so... das hängt schon vom individuellen Fall ab.

Dextro und Levo und (+) und (-) haben nichts miteinander zu tun. Die Angaben (+) und (-) sind nur die spezifische Drehung, also z.B. "dreht linear polarisiertes Licht nach rechts" = (+) bzw. "nach links" = (-) ... Racemate haben eine spezifische Drehung von + 0°.
D- und L- sind Konfigurationen. In der Wikipedia ist das schon recht gut erklärt. Je nach Substanz kann zufällig D-(+)-Isomer und L-(-)-Isomer korrekt sein, aber das muss es nicht. Eben die von dir genannte Pauschalisierung ist falsch. In einem Fall stellt man die Frage, in welche Richtung Licht (Details sieh wiki-Artikel spez. Drehung) gedreht wird und im anderen Fall, wie das Molekül aufgebaut ("konfiguriert") ist. Das sind zwei völlig verschiedene Angaben.