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Autor Thema: Re: Dimethylsulfat 77-78-1 Herstellung  (Gelesen 24009 mal)

synthon

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Re: Dimethylsulfat 77-78-1 Herstellung
« Antwort #15 am: 07. März 2015, 09:57:21 »
Das "Schöne" an Cancerogenen ist, dass es keine Dosisabhängigkeit gibt. Natürlich steigt die Wahrscheinlichkeit mit zunehmenden Mengen, aber 0-Exposition bei Dingen solchen Dingen ist echt ein guter Ratschlag. Angesichts der vielen analytischen Möglichkeiten sind Geruchsproben bei solchen Substanzen ohnehin obsolet.

Die Natriumsulfat-Methode, ich weiß nicht... Ethanol und konz. Schwefelsäure gibt doch ohnehin schon Sauerei - die Vorschrift finde ich ohnehin nicht so prickelnd. Ich persönlich würde (nach Bauchgefühl, kann auch sein dass das jetzt voll daneben ist) Natriumsulfat und Ethanol vorlegen und gut durchmischen. Magnet- bzw. KPG-Rührer halte ich für obligatorisch, und nicht optional wie in der Vorschrift angegeben. Eine gute Durchmischung des Reaktionsansatzes bringt schon eine Verteilung, anstatt lokal hohe Konzentrationen von Schwefelsäure zu haben. In die Natriumsulfat/Ethanol-Suspension würde ich dann langsam (Eisbad bereithalten) konz. Schwefelsäure dazutropfen und rühren. Nach ein paar Minuten sollte sich ein gewisses Gleichgewicht eingestellt haben und dann würde ich beginnen, vorsichtig abzudestillieren, während die Reaktion weiterhin läuft. Nicht gleich mit einer Drehschieber-Pumpe voll drauf, aber mal mit einer Wasserstrahlpumpe oder so. Ob das angeführte geringere Vakuum schuld ist, weiß ich nicht. Bei einem so hoch siedenden Produkt mit niedrigem Dampfdruck wie Diethylsulfat und einem so niedrig siedenden Edukt wie Ethanol kann man vielleicht mit einer Kolonne arbeiten. Interessant wäre auch, ob und in welchem Umfang Diethylether entsteht.

Oder man schüttet einfach alles zusammen, tropft Schwefelsäure zu, rührt einige Zeit und destilliert erst nach Ablauf der Zeit. Da müsste man sich mal die Nebenprodukte anschauen, abhängig von der Reaktionszeit bzw. Temperatur. Wer viel Zeit hat, kann ja mal ein paar Bedingungen durchprobieren.

Aber wie man es dreht und wendet, die in der Wikipedia angegebene Methode finde ich einfach überzeugender:
http://de.wikipedia.org/wiki/Diethylsulfat#Herstellung
Das gasförmige Produkt HCl entfernt sich quasi automatisch aus der Reaktionsmischung und zieht die Reaktion auf die Produktseite, und in sauberem Ethanol gibt es sicherlich auch weniger Nebenprodukte. Sulfurylchlorid lässt sich zu gasförmigen Produkten hydrolysieren, die dann auch ausgasen.

Heuteufel

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Re: Dimethylsulfat 77-78-1 Herstellung
« Antwort #16 am: 07. März 2015, 22:37:49 »
Zitat
Die Natriumsulfat-Methode, ich weiß nicht... Ethanol und konz. Schwefelsäure gibt doch ohnehin schon Sauerei - die Vorschrift finde ich ohnehin nicht so prickelnd. Ich persönlich würde (nach Bauchgefühl, kann auch sein dass das jetzt voll daneben ist) Natriumsulfat und Ethanol vorlegen und gut durchmischen. Magnet- bzw. KPG-Rührer halte ich für obligatorisch, und nicht optional wie in der Vorschrift angegeben. Eine gute Durchmischung des Reaktionsansatzes bringt schon eine Verteilung, anstatt lokal hohe Konzentrationen von Schwefelsäure zu haben. In die Natriumsulfat/Ethanol-Suspension würde ich dann langsam (Eisbad bereithalten) konz. Schwefelsäure dazutropfen und rühren. Nach ein paar Minuten sollte sich ein gewisses Gleichgewicht eingestellt haben und dann würde ich beginnen, vorsichtig abzudestillieren, während die Reaktion weiterhin läuft. Nicht gleich mit einer Drehschieber-Pumpe voll drauf, aber mal mit einer Wasserstrahlpumpe oder so. Ob das angeführte geringere Vakuum schuld ist, weiß ich nicht. Bei einem so hoch siedenden Produkt mit niedrigem Dampfdruck wie Diethylsulfat und einem so niedrig siedenden Edukt wie Ethanol kann man vielleicht mit einer Kolonne arbeiten. Interessant wäre auch, ob und in welchem Umfang Diethylether entsteht.
Meine Meinung: so machen, wie im Artikel bei Illumina beschrieben. Das Prinzip: Der Kolben ist auf 160 °C, Ethanol/Schwefelsäure wird zugetropt und die gebildeten Produkte (und teilweise die Edukte) werden sofort abgezogen. Ich glaube nicht, dass am Siedepunkt von Ethanol oder Methanol nennenswerte Mengen des Dialkylsulfats entstehen. Andererseits gibt es durchaus auch Quellen, die anderes behaupten... http://www.sciencemadness.org/talk/viewthread.php?tid=1608  Ich finde den Gedanken etwas beängstigend. Ich habe schon öfters Reaktionen gemacht, wo ich Methanol und eine ordentliche Menge Schwefelsäure unter Rückfluss erhitzt habe, dann Methanol abdestilliert habe, etc. Beim Aufarbeiten war ich nie sonderlich vorsichtig. Sollte DMS tatsächlich so leicht gebildet werden, ist mein Körper wahrscheinlich mittlerweile schon um ein paar Gramm Methyl-Gruppen schwerer...  ::-)
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Mephisto

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Re: Dimethylsulfat 77-78-1 Herstellung
« Antwort #17 am: 07. März 2015, 23:43:58 »
Die bei Illumina beschriebene Diethylsulfat-Synthese mit Na2SO4 hat bei mir für Dimethylsulfat nur mit sehr geringer Ausbeute funktioniert, ist aber schon 11 Jahre her. Schön, dass mein uralter Sciencemadness-Thread hier wieder auftaucht :-). Es gibt aber auch eine andere Dimethylsulfat-Synthese mit Na2SO4.

Phil bat mich vor einigen Wochen die Vorschrift Dimethyl Sulfate Synthesis.rtf von Sciencemadness aus dem Englischen ins Deutsche zu übersetzen. Dass man wartet bis sich ein Reaktionsgleichgewicht eingestellt hat und dann erneut eine frische Portion Natriumsulfat verwendet, gefällt mir bei der Vorschrift ganz gut.

In einen 500 ml Kolben werden 85 ml (2.1 mol) gekühltes Methanol vorgelegt und unter Rühren 115 ml (2 mol) kalte Schwefelsäure langsam hinzugetropft, sodass die Temperatur nicht über 30 °C steigt. Sobald die Zugabe beendet ist, werden 45 g (0.316 mol) wasserfreies Natriumsulfat und starkem Rühren hinzugegeben. Bei der langsamen Zugabe wird darauf geachtet, dass sich keine Klumpen bilden. Die Reaktionsmischung wird 4 Stunden bei einer Temperatur von unter 25 °C gerührt. Anschließend lässt man den Feststoff sich einen Tag absetzen und dekantiert die klare Flüssigkeit ab, was eine fast quantitative Ausbeute an Schwefelsäuremethylester ergibt.

In einem 250 ml Kolben werden 40 g (0.281 mol) wasserfreies Natriumsulfat unter kräftigem Rühren mittels eines Magnetrührers in 200 g (1.78 mol) Schwefelsäuremethylester zugegeben, wobei man darauf achtet, dass sich keine Klumpen bilden. Der Kolben wird mit einer Vakuumdestillationsapparatur versehen und die Reaktionsmischung bei 10-20 mm Hg auf 70 °C erwärmt. Bei dieser Temperatur geht der erste Teil des Destillats über. Man erhitzt weiter auf 140-150 °C bis keine Flüssigkeit mehr übergeht. Das Destillat wird in einem Scheidetrichter mit demselben Volumen kalten Wassers und kalter, gesättigter Natriumhydrogencarbonat-Lösung gewaschen. Die organische Phase wird abgetrennt, mit wasserfreiem Magnesiumsulfat getrocknet und das Trockenmittel abfiltriert. Ausbeute 35.5 ml (40.1%).

Quelle: Sciencemadness, Dimethyl Sulfate Synthesis.rtf
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Heuteufel

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Re: Dimethylsulfat 77-78-1 Herstellung
« Antwort #18 am: 08. März 2015, 01:39:02 »
Das hört sich sehr gut an! Was meinen vorherigen Post angeht: das ist Unsinn - ich hatte vergessen, dass ich vor einiger Zeit etwas zu dem Thema recherchiert hatte: http://forum.lambdasyn.org/index.php/topic,791.0.html
Zitat
Ich hab mir aber folgenden Artikel durchgelesen: DOI: 10.1021/op200323j (Understanding and Control of Dimethyl Sulfate in a Manufacturing Process: Kinetic Modeling of a Fischer Esterification Catalyzed by H2SO4).
Darin geht es, wie der Titel sagt, eigentlich um die Fischer-Veresterung, aber die Ausführungen dort zur Bildung und zum Zerfall von DMS sind sehr aufschlussreich und haben mich zu folgender Hypothese (!) verleitet:

Es gibt folgende Gleichgewichte:

(1) Chlorsulfonsäure + MeOH   ---> Monomethylsulfat + HCl

(2) Monomethylsulfat + MeOH   <---> DMS + H2O (welches die Chlorsulfonsäure sich schnappt)

(3) DMS + MeOH   ---> Dimethylether + Monomethylsulfat

(4) 2 Monomethylsulfat   [--heat-->] DMS + H2SO4

(Man beachte auch die Reaktionspfeile!  Zwinkern)

Hält man während der MeOH-Zugabe die Temperatur niedrig, so bleibt Reaktion (2) aus, und man erhält am Ende reines Monomethylsulfat, welches bei der anschließenden Destillation DMS (und Schwefelsäure als Rückstand) liefert. Führt man aber schon die MeOH-Zugabe bei hoher Temperatur aus, so produziert man (nach (2) und (3)) nur Dimethylether. Es geht also darum zu verhindern, dass sich bei der MeOH-Zugabe DMS bildet, welches das MeOH methylieren kann!
Bei diesem Post ging es um die Synthese von DMS ausgehend von Chlorsulfonsäure. Nicht alle meine Aussagen in den Zitat sind genauso in der Literatur zu finden, aber die Gleichung
Zitat
2 Monomethylsulfat    [--heat-->] DMS + H2SO4
scheint mir die Grundlage für die Synthese von DMS zu sein (egal nach welcher Methode). In diesem Licht betrachtet macht auch die Synthese, die Mephisto übersetzt hat vollkommen Sinn: Zuerst wird aus Schwefelsäure, Natriumsulfat und MeOH Schwefelsäuremethylester (= Schwefelsäuremonomethylester = Monomethylsulfat) hergestellt. Dieser zerfällt bei der nachfolgenden Destillation in Anwesenheit von Natriumsulfat zu DMS und Schwefelsäure (welche im Sumpf zurüchbleibt). Die Synthese von Schwefelsäuremonomethylester resp. Natriummonomethysulfat aus MeOH und Schwefelsäure ist eine bekannte Reaktion, die klappt. Ich erinnere mich z.B. an folgenen Post, wo Nitroethan auf diese Weise hergestellt wurde: https://www.sciencemadness.org/whisper/viewthread.php?tid=15837
Das bedeutet auch, dass es "ungefährlich" ist, Methanol und Schwefelsäure zusammen zu erhitzen. Der dabei gebildete Schwefelsäuremonomethylester ist im Gegensatz zu DMS (Schwefelsäuredimethylester) nur ein schwaches Methylierungsmittel (bei Methylierungen mit DMS reagiert in der Regel ja auch nur eine Methylgruppe ab).
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